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Lass es nicht hier zu Ende sein

Ximena Escobar de Nogales
1 min readMar 20, 2022

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Auf dem Fahrrad, unterwegs zur Arbeit, packt mich der Gedanke

wir könnten alle sterben, jetzt

an diesem makellosen Wintertag

bevor das Rad seine Drehung vollendet hat

Wie Eierschalen

zerdrückt durch seinen grausig zornigen Schlag

Unsere Leben in seiner Hand

sein Kopf voller Dämonen

wie damals, nur schlimmer

Beim Rotlicht ein Kind im Buggy flüstert seiner Puppe etwas zu und lächelt

seine Mutter pflügt sich durch die morgendlichen Pendler, kämpft und lässt nicht locker

„lass uns reingehen in den Tag“, sagt sie, zu sich, „und einen Schritt vor den anderen setzen“

der Busfahrer hupt gegen eine Gruppe Demonstranten, die ihm die Strasse versperren

eine Schülergruppe strebt mit verhangenem Blick dem Schulhaus zu

es kann nicht jetzt zu Ende sein

weil Krieg immer der falsche Weg ist

soviel haben wir begriffen

das Böse ist einsam, der Friedfertigen sind viele

hört auf! bete ich

wir werden die Wunden heilen

und die Toten beweinen

wir werden säen und unsere Pflanzen begiessen

wir werden uns wieder verlieben

wir werden unsere Kinder lehren, unser irdisches Dasein zu schätzen

lass es nicht hier zu Ende sein

Aus dem Englischen: Stefan Herrenschwand

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Ximena Escobar de Nogales
Ximena Escobar de Nogales

Written by Ximena Escobar de Nogales

I write, to try to understand. I volunteer in prison, advice on impact investments and I run the Casa Taller El Boga, an arts residency in Mompox, Colombia

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